Bert, der Türöffner
Bert, der Türöffner
Bert öffnet Türen.[1] Streng genommen nur eine – und zwar die einer Sparkassenfiliale in Berlin-Kreuzberg. Sieben Tage die Woche von 9 bis 18 Uhr bahnt er lächelnd Bankbesucher_innen den Weg. Durch diese preußische Disziplin ist er in nicht mal zwei Jahren eine Institution im Kiez geworden – jeder kennt ihn und (fast) alle mögen ihn. Nur einmal war es anders – die neue Filialleiterin wollte, dass er seinen Platz verlässt und drohte ihm mit der Polizei. Aber da hatte sie die Rechnung ohne Kreuzbergs Anwohner_innen gemacht: denn eine Unterschriftenliste ist hier besonders schnell angefertigt und genauso schnell gefüllt. Ohne dass Bert davon was wusste, hatten innerhalb eines Tages 120 Menschen unterschrieben, um gegen seine Vertreibung zu protestieren. Es hagelte auch mündliche Beschwerden und schließlich flehte die Filialleiterin Bert, der auf der anderen Straßenseite sein provisorisches Quartier bezogen hatte, an: „Ich halt es nicht mehr aus – bitte komm wieder zurück!“
Seitdem steht Bert dort wieder, zupft an seiner Gitarre, unterhält sich zwischendurch auf Deutsch und Englisch und bekommt immer mal wieder Münzen zugesteckt während wir mit ihm reden. Seine Geschichte ist verworren, voller Brüche und klingt fast unglaublich. Er kommt aus Amerika, ging wegen „legal problems“ vor vielen Jahren nach Europa und kehrte zurück, als seine Mutter durch „Katrina“ ihr Haus in Louisiana verlor. Er half ihr bei ihrem Umzug in einen anderen Bundesstaat, wurde dann aber dort verhaftet und kam für zwei Jahre ins Gefängnis – weswegen, erzählt er nicht. Nach der Zeit im Knast ging er wieder nach Europa und landete schließlich vor der Sparkasse.
„Bist du zufrieden wie es ist und mit der Wahl der Bank?“, fragen wir ihn. Bert zögert kurz, sagt, dass es okay ist, dass er die Leute und vor allem die Kinder mag, die sich über ihn freuen. Außerdem hat er keine andere Chance, es ist sein einziges Einkommen. Aber was ihm fehlt, ist eine Frau. Und er weiß nicht so recht, ob er nicht besser die Bank wechseln sollte, um in einem anderen Stadtteil zu arbeiten, in dem es mehr Singlefrauen gibt. „Was sind deine Träume?“, wollen wir wissen. Die haben nichts mit dem Stadtleben zu tun, ganz im Gegenteil: „Ich bin ein Bauer. Ich möchte ein Stück Land irgendwo, einen richtig sturen Esel, Hunde, Hühner und eine anständige Frau.“ Unterdessen öffnet er wieder die Tür, lächelt einen Besucher an und grüßt zwei vorbeiziehende Kinder.