Glitches
Glitches
Coco Bergholm, Text: Anna-Lena Wenzel
GLITCHES ist die Bezeichnung für eine Reihe von künstlerischen Interventionen im Stadtraum von Coco Bergholm. In den Berliner Bezirken Kreuzberg und Neukölln fotografierte sie Kompositionen aus Schaufenstern, Türen, Plakaten, Graffiti und Aufklebern und fertigte aus diesen Fassadenausschnitten bedruckte Vorhänge, die sie dann exakt über dem Originalmotiv platzierte. Die Vorhänge sind so realitätsgetreu, dass der Fake erst auf den zweiten Blick auffällt – wenn ein Windstoß den Vorhang bewegt, oder man, um den Hauseingang oder die Einfahrt zu betreten, in den Vorhang greift. Bergholm fügt dem Stadtgeschehen durch das bewegliche Motiv und Material eine weitere Ebene hinzu. Es ist eine Verdoppelung, die zugleich eine Aneignung und eine Störung bedeutet. Der Begriff Glitch bezeichnet eben diese Strategie, denn „ein Glitch ist ein Fehler, ein Fail, ein Nicht-Funktionieren“, so definiert ihn jedenfalls die Cyberfeministin Legacy Russell in ihrem Glitch Manifest und schreibt ihm empowerndes Potential zu. Bergholm folgt dieser Argumentation, wenn sie diese Störung ästhetisch in Szene gesetzt. Es entstehen kurzweilige Momente der Irritation, die auf die fadenscheinige Vorder- und Hintergründigkeit unserer Wahrnehmung verweisen.