"Gendertrouble"
"Gendertrouble"
„Meine Eltern nannten das Getue, sie sagten Lass doch das Getue. Sie wunderten sich Warum benimmt Eddy sich wie eine Tussi. Sie sagten Reg dich ab, muss das sein, dieses tuntige Gefuchtel. Sie dachten, es wäre meine Entscheidung, dass ich mich so benahm, als wäre das eine Ästhetik, die ich kultivierte, um sie zu ärgern.“
Édouard Louis: Das Ende von Eddy
Die Diskriminierungen, denen Homosexuelle und Trans-Menschen ausgesetzt sind und der zum Teil brutale Umgang, mit denen diese „Anderen“ in den eigenen Familien und in den ländlichen Strukturen konfrontiert sind, wurden im letzten Jahr durch zwei Bücher eindringlich ins Bewusstsein zurückgeholt: Didier Eribon in Die Rückkehr nach Reims und Édouard Louis in Das Ende von Eddy haben in ihren autobiografisch geprägten Büchern von den Rassismen der Arbeitserklasse in der französischen Provinz berichtet. Seit dem weiß man einmal mehr, dass die Situation für queere Menschen in den Großstädten zwar kein Zuckerschlecken, aber doch häufig einfacher ist als auf dem Land. Hier ist die Bewohnerschaft insgesamt heterogener, hier kann man sich mit Gleichgesinnten zusammentun und austauschen.
Thomas Meinecke und Antje Rávic Strubel sind zwei Schriftsteller, die sich mit dem Thema queeres Begehren und queere Geschlechtsidentifizierungen biografisch als auch in ihren Büchern intensiv beschäftigt haben. Im Rahmen des Diskurs-Projekts Feminismen: Wie wir wurden, wie wir leben, was wir sind– einer Kooperation der Online-Magazine Logbuch Suhrkamp und Hundertvierzehn des Fischer Verlages – entstanden erst Essays der beiden Autoren und dann ein Gespräch, in dem die Herausforderungen, Wünsche und Vordenker*innen in Bezug auf das heutige „Gendertrouble“ ganz offen zur Sprache kommen.
Text: Anna-Lena Wenzel
Foto: Justin Time