Corona Wedding Volumes
Corona Wedding Volumes
Fotografische Streifzüge
Fotos: Jan Rost
Anna-Lena Wenzel: Du hast während des Lockdowns drei kleine Hefte mit dem Titel „Corona Wedding Vol. I –III“ produziert, in denen jeweils 12 Fotografien enthalten sind, die im Wedding entstanden sind. Wie würdest du die Fotografien beschreiben? Und was unterscheidet sie von deinen sonstigen Fotografien?
Jan Rost: Das handliche Format der analogen Kamera, mit der die Fotos entstanden sind, ermöglicht ein sehr spontanes Fotografieren. Da sie in jede Jackentasche passt, habe ich sie immer bei mir. Somit entgehen mir weniger Gelegenheiten einen Eindruck festzuhalten.
Eine größere Kamera ist immer mit einer Entscheidung verbunden; ob man sie nun mitnimmt, oder nicht. Hierdurch verändert sich der Charakter der Fotos – weil man auf der gezielten Suche nach Motiven das Haus verlässt.
ALW: Den Fotografien ist eine Widmung an den Wedding vorangestellt. Du schreibst: „Lieber Wedding! Aus Mangel an Alternativen wurde der Spaziergang in der unmittelbaren Nachbarschaft in den vergangenen Monaten zu ungeahnter Beliebtheit befördert.“ Wie hat sich für dich der Blick auf den öffentlichen Raum durch die Corona-Pandemie verändert?
JR: Die Corona-Pandemie hat eine in ihrer Reichweite nie dagewesene Verunsicherung mit sich gebracht, die sich über jeden Bereich des Lebens legte. Ganz plötzlich, von heute auf morgen, war nichts mehr selbstverständlich. Es wurde ein Prozess der Infragestellung losgetreten, dessen Implikationen weit über das Infektionsgeschehen hinaus reichen.
Wie haben wir vorher gelebt und gibt es dahin ein zurück? Wollen wir das überhaupt, bzw. dürfen wir das wollen?
Dieser Zustand der allgemeinen Ungewissheit war für viele, auch für mich, sehr anstrengend. Mein Blick auf den öffentlichen Raum hat sich insoweit geändert, als dass mir die Straßen meiner Nachbarschaft, durch ihre Vertrautheit, ein Stück Sicherheit zurück geben konnten.
ALW: Und wie hat sich der Umgang mit ihm verändert?
JR: Ich kann nur für mich sprechen, aber ich denke, dass dem öffentlichen Raum eine andere Wertschätzung zuteil wurde. Durch Reise- und Ausgangsbeschränkungen wurden unsere Lebensräume kleiner. Für mich war es ein beklemmendes Gefühl, mich plötzlich nicht mehr uneingeschränkt bewegen zu dürfen. Diese, teils empfundene, teils tatsächliche Einschränkung führte bei mir zu einer Rückbesinnung auf das Vorhandene, das Zugängliche. Es war in dieser Zeit dass ich, nach langer Pause, zum Fotografieren zurückfand. Fotografie, deren Wesen es ist Augenblicke einzufrieren, verortet uns in der Zeit. Auch dieser Effekt war im Lockdown ein willkommener.
ALW: Dein Intro geht noch weiter. Du schreibst: „Froh war ich in dieser Zeit, dass vor meiner Tür der Wedding ist. An alle die dieselben Wege gingen – immer und immer wieder – geht nun dieses Heft; eine kleine Chronik vom Lockdown im Wedding.“ Was ist das Besondere am Wedding? Und warum warst du eigentlich nur im Wedding unterwegs?
JR: Die Prophezeiung ‚der Wedding kommt‘ war ein paar Jahre eine Art Running-Gag, weil sie sich nie einlöste und er nie zu einem Szenebezirk wurde, in dem alle plötzlich wohnen wollten. Aber eben das macht den Wedding für mich aus! Die gesellschaftliche Durchmischung, welche mit dem Zuzug vieler junger Menschen einhergeht und schnell zu Konflikten zwischen neuen und alteingesessenen Bewohner*innen führt, geht hier etwas schonender und weniger plötzlich von statten als zum Beispiel in Neukölln. Im Vergleich zu jenen Bezirken, in denen sich das Nachtleben abspielt, ist der Wedding auch viel ruhiger. Diese Ruhe wird, nach meinem Empfinden, von den Menschen, die hier leben, sehr geschätzt.
Ich war natürlich nicht nur im Wedding unterwegs; hier machte ich aber meine alltäglichen Spaziergänge.
Die Hefte kann über den Instagram-Account jan.is.love bestellen.
Jan Rost: Das handliche Format der analogen Kamera, mit der die Fotos entstanden sind, ermöglicht ein sehr spontanes Fotografieren. Da sie in jede Jackentasche passt, habe ich sie immer bei mir. Somit entgehen mir weniger Gelegenheiten einen Eindruck festzuhalten.
Eine größere Kamera ist immer mit einer Entscheidung verbunden; ob man sie nun mitnimmt, oder nicht. Hierdurch verändert sich der Charakter der Fotos – weil man auf der gezielten Suche nach Motiven das Haus verlässt.
ALW: Den Fotografien ist eine Widmung an den Wedding vorangestellt. Du schreibst: „Lieber Wedding! Aus Mangel an Alternativen wurde der Spaziergang in der unmittelbaren Nachbarschaft in den vergangenen Monaten zu ungeahnter Beliebtheit befördert.“ Wie hat sich für dich der Blick auf den öffentlichen Raum durch die Corona-Pandemie verändert?
JR: Die Corona-Pandemie hat eine in ihrer Reichweite nie dagewesene Verunsicherung mit sich gebracht, die sich über jeden Bereich des Lebens legte. Ganz plötzlich, von heute auf morgen, war nichts mehr selbstverständlich. Es wurde ein Prozess der Infragestellung losgetreten, dessen Implikationen weit über das Infektionsgeschehen hinaus reichen.
Wie haben wir vorher gelebt und gibt es dahin ein zurück? Wollen wir das überhaupt, bzw. dürfen wir das wollen?
Dieser Zustand der allgemeinen Ungewissheit war für viele, auch für mich, sehr anstrengend. Mein Blick auf den öffentlichen Raum hat sich insoweit geändert, als dass mir die Straßen meiner Nachbarschaft, durch ihre Vertrautheit, ein Stück Sicherheit zurück geben konnten.
ALW: Und wie hat sich der Umgang mit ihm verändert?
JR: Ich kann nur für mich sprechen, aber ich denke, dass dem öffentlichen Raum eine andere Wertschätzung zuteil wurde. Durch Reise- und Ausgangsbeschränkungen wurden unsere Lebensräume kleiner. Für mich war es ein beklemmendes Gefühl, mich plötzlich nicht mehr uneingeschränkt bewegen zu dürfen. Diese, teils empfundene, teils tatsächliche Einschränkung führte bei mir zu einer Rückbesinnung auf das Vorhandene, das Zugängliche. Es war in dieser Zeit dass ich, nach langer Pause, zum Fotografieren zurückfand. Fotografie, deren Wesen es ist Augenblicke einzufrieren, verortet uns in der Zeit. Auch dieser Effekt war im Lockdown ein willkommener.
ALW: Dein Intro geht noch weiter. Du schreibst: „Froh war ich in dieser Zeit, dass vor meiner Tür der Wedding ist. An alle die dieselben Wege gingen – immer und immer wieder – geht nun dieses Heft; eine kleine Chronik vom Lockdown im Wedding.“ Was ist das Besondere am Wedding? Und warum warst du eigentlich nur im Wedding unterwegs?
JR: Die Prophezeiung ‚der Wedding kommt‘ war ein paar Jahre eine Art Running-Gag, weil sie sich nie einlöste und er nie zu einem Szenebezirk wurde, in dem alle plötzlich wohnen wollten. Aber eben das macht den Wedding für mich aus! Die gesellschaftliche Durchmischung, welche mit dem Zuzug vieler junger Menschen einhergeht und schnell zu Konflikten zwischen neuen und alteingesessenen Bewohner*innen führt, geht hier etwas schonender und weniger plötzlich von statten als zum Beispiel in Neukölln. Im Vergleich zu jenen Bezirken, in denen sich das Nachtleben abspielt, ist der Wedding auch viel ruhiger. Diese Ruhe wird, nach meinem Empfinden, von den Menschen, die hier leben, sehr geschätzt.
Ich war natürlich nicht nur im Wedding unterwegs; hier machte ich aber meine alltäglichen Spaziergänge.
Die Hefte kann über den Instagram-Account jan.is.love bestellen.