"Wir verarzten uns selbst"
"Wir verarzten uns selbst"
Aktuell wie vor 35 Jahren - eine Anleitung in der Instand Besetzer Post von 1981 wie man erste Hilfe leistet und was in einer Sani-Tasche bei Demonstrationen nicht fehlen darf.
"Check-Liste für die Ausstattung einer Sani-Tasche
Sani-Kennzeichnen für Arm, Tasche und Helm
1 Spritzflasche für Augenspülung
1 größere Wasserflasche zum Nachfüllen (unzerbrechlich)
6 sterile Kompressen (12 x 12), einzeln verpackt
3 Mullbinden (6.8 cm Breite)
3 Verbandspäckchen
3 elastische Binden
1 steriles Brandtuch
3-6 Dreieckstücher
Heftplaster
Hansaplast (auch als Kammerpflaster zu benutzen)
10-20 Sicherheitsnadeln
1 Rettungsdecke (gibt`s im Kaufhaus und in Apotheken)
1 kleines Fläschchen Jodersatz (kein Jod, kein Spray)
Tigerbalsam wer will
Aktivkohle gegen Durchfall, Anti-Blähungsmittel (Blähungen treten oft als Folge von falscher Ernährung und bei großer Aufregung auf)
Schokolade, Traubernzucker (für Erschöpfte, Traubenzucker wirkt sehr schnell, aber nur kurzfristig, Schokolade – Fett hält länger vor).
Baby-Öl für Fußblasen und zum Abschminken
Tempo-Taschentücher
Heparinsalbe
1 Taschenlampe
1 Schere
Eventuell Thermosflasche mit heißen Tee, Kaffee oder Brühe
Eventuell billige Kamera (möglichst klein und unauffällig)
Schmerztabletten oder Tropfen gegen Zahnschmerzen, Kopfschmerzen o.ä.
Keinesfalls darf nach Verletzungen Schmerzmittel gegeben werden, da sonst Symptome verwischt werden!
Beurteilung von Verletzungen und Situationen
Die Medizinische Versorgung muß an erster Stelle stehen. Bei schweren Verletzungen muß die verletzte sowieso ins nächste Krankenhaus eingeliefert werden, und jeder Ehrgeiz eine Behandlung über die Erstmaßnahmen hinaus durchzuführen, ist unverantwortlich und kann mehr Scahden als Nutzen anrichten. Die Verletzte darf nie allein gelassen werden! Auch dann nicht, wenn sie in einem offiziellen Rettungswagen weggefahren wird. Bestehe darauf, daß jemand zur Begleitung mitfährt. Unter Umständen mußt du als Sani in Kauf nehmen, mitverhaftet zu werden!
Es ist nicht immer leicht, die Schwere einer verletzung richtig einzuschätzen. Im Zweifelsfall gilt der Grundsatz: Immer die ernstere Möglichkeit annehmen!
Bevor du die verletzte abtransportierst oder an Ort und Stelle erstversorgst, mußt du herausfinden, was geschehen ist:
1. Ist die Verletzung auf den ersten Blick zu erkenne und liegen andere, nicht sichtbare verletzungen vor?
2. Blutet es stark, von wo geht die Blutung aus?
3. Wo tut es am meisten weh?
4 a) Ist das Bewußtsein klar, aufgedreht, getrübt, schläfrig oder ganz weg?
b) War die Verletzte bewußtlos, vielleicht auch nur kurzfristig? Kann sie sich an alles erinnern? Wissen die Umstehenden Näheres zum Geschehen?
5. Wie steht es mit der Atmung?
6. Kann sie alles bewegen?
7. Kann sie richtig sehen?
8. Kann sie selbstständig oder nur mit Hilfe laufen, muß sie getragen werden?
9. Wie ist es zu der Verletzung gekommen? Notiere: Name, Ort, Zeit, Art und Hergang der Verletzung, gegebenenfalls Täterbeschreibung. Wenn es Zeugen gibt, so sollen die dableiben, bis Du ihren Namen aufgeschrieben hast."
Gefunden in: Instand Besetzer Post, Heft Nr. 16, 9.-16. Juli 1981.
Das feministische Gesundheitsbewegungsradio hat am 3.9.2016 bei Kotti.fm eine sehr hörenswerte Sendung zu diesem Thema gemacht, die man hier in Ausschnitten nachhören kann:
https://www.mixcloud.com/rebootfm/gesundheitsbewegungsradio-autonome-san...