Die Galeristin
Die Galeristin
Aufprall der Welten
Kürzlich passierte es mir zum ersten Mal: ich gehörte zum erlauchten Kreis derjenigen, die im Anschluss an eine Ausstellungseröffnung von einer Galerie zum Essen eingeladen wurden. Die potente Galerie, die ihr Geld nicht in Berlin macht, aber hier trotzdem eine Dependance unterhält, wurde durch ihre sympathische Galeristin vertreten. Die verstand etwas von ihrem Job: Sie plauderte unbefangen drauflos, bezog alle mit ein und verbreitete ein wohliges Gefühl – nicht zu vergessen, dass sie uns alle zum Essen einlud!
Erste Irritationen traten ein, als die Galeristin unverblümt davon sprach, wie sie sich freue, dass die Galerie auch unrentable Projekte unterstütze. Da es sich um eine Performance handelte, nickten wir anerkennend und staunten über ihre Offenheit.
Dann erzählte die Galeristin davon, wie sie letztens einen Schriftsteller kennengelernt hätte, der tatsächlich – als jemand, der bereits ein oder mehrere Bücher veröffentlicht hätte – nur 3000 Euro Vorschuss für einen neuen Roman bekommen würde. Und fragte dann tatsächlich, wie das denn gehen solle? Davon muss doch gelebt und die Miete bezahlt werden? Das reiche doch niemals aus!
Wir guckten uns etwas fassungslos an und bestellten vorsichtshalber noch ein Bier auf Vorrat. Mit wenig Geld auszukommen gehört zu unserem Alltag. Aber dass eine Galeristin in Berlin davon so wenig mitbekam, überraschte uns dann doch.
Im Verlauf des Abends erfuhren wir dagegen etwas mehr von ihren Lebensumständen. Von ihrer riesigen Erstwohnung „abroad“ und ihrer ebenfalls großen Zweitwohnung in Berlin und wie billig diese wäre – ein echtes Schnäppchen war das damals! Wir erfuhren, mit welch anderen bedeutenden Künstlern sie noch so zu tun hat und wie wild sie in den letzten Wochen unterwegs war. Ja, das ausschweifenden Partyleben in Berlin! Darauf ließen wir uns noch einen extra exquisiten Schnaps bringen.
Zur Verabschiedung wurden Küsschen und Kärtchen verteilt. Eigentlich eine Win-Win-Situation. Nur das späte Mahl lag mir nachts schwer im Magen. Ich hatte nicht widerstehen können und mir den Bauch zu voll geschlagen.