Editorial Obdachlos

Editorial Obdachlos

11/2018

Menschen, die im öffentlichen Raum übernachten, sind zu einem Teil des Stadtbildes geworden: Zeltburgen unter Brücken und Grünflächen, Romafamilien, die in Parks leben, und Menschen, die auf Bänken oder improvisierten Untergründen nächtigen, gehören zum städtischen Alltag. Man hat sich daran gewöhnt, dass man in der Kneipe gebeten wird, eine Obdachlosenzeitschrift zu kaufen oder Menschen in der U-Bahn um Unterstützung bitten, genauso wie an die Pfandsammler*innen, die mittlerweile so viele sind, dass Streitereien zum Tagesgeschäft gehören.

Es überrascht nicht mehr, wenn man im Park versteckt ein Zelt entdeckt oder Menschen sieht, die mit ihrem ganzen Hab und Gut durch die Straßen laufen. Es gibt einige, die sieht man immer wieder, wie den Mann mit dem akuraten Einkaufswagen oder die Frau, die in bunte Decken gekleidet ist. Es gibt welche, die bleiben an einem Ort, wie der Mann, der im Park vor meiner Haustür lebt und andere, die nur kurz da sind, sich sich eine Bleibe in der Busstation bauen und wieder vertrieben werden. Es gibt welche, die einsam vor sich hinreden und mit gesengtem Blick durch die Straßen ziehen, und andere, die sich zusammentun und sich jeden Tag betrinken.

 

Im Flyer des Theaterstücks Auf der Straße heißt es: „Nirgendwo in der EU ist das Risiko so groß, als Arbeitsloser in die Armut abzurutschen wie in Deutschland. War noch vor 20 Jahren der größte Teil der Wohnungslosen ‚psychisch krank‘, ist ihr Anteil heute verschwindend gering. In den vergangenen acht Jahren hat sich die Zahl der Wohnungslosen verdoppelt. Hauptgrund: Mietschulden“.

Das Thema Wohnungslosigkeit ist omnipräsent und dennoch weiß man wenig darüber, wie sich der Alltag auf der Straße anfühlt. Wir wollen deshalb genau Hingucken und uns damit beschäftigen, wie diese Menschen leben. Was bewegt sie? Was für Hilfsangebote und Infrastrukturen gibt es und wie hat sich die Situation in den letzten Jahren verändert, in denen der Druck auf dem Wohnungsmarkt beständig gestiegen ist?

 

Wir nähern uns dem Thema auf bewährt heterogene Weise – in Form von Interviews, Fotostrecken und künstlerischen Bilderserien – und freuen uns über Vorschläge für weitere Beiträge!

 

Eine anregende, verstörende wie bereichernde Lektüre und neugieriges Clicken wünscht Anna-Lena Wenzel 

Kurzbeiträge

Einwürfe

Nolli lesen Kathrin Wildner und Dagmar Pelger sprechen darüber, wie man Karten liest
Die Mission. Kunst gegen Kälte 1997–2022 Anna Ulmer guckt im Gespräch mit Rudolf Goerke zurück auf die Obdachloseninitiave "Die Mission" in Hamburg
Spaces of Solidarity Der Kiosk of Solidarity macht Station in einer Ausstellung im Deutschen Architektur Zentrum

Fundsachen

OZ in Erinnerung Für „OZ: in memoriam“ hat sich Mary Limo
The Black Triangle 360 schwarze Dreiecke in Wien dokumentiert von Peter Schreiner

Straßenszenen

Zu Gast im 24. Stock Zu Gast bei Algisa Peschel, Stadtplanerin und eine der Erstbewohnerinnen des DDR-Wohnkomplexes in der Berliner Leipziger Straße
10 Tage Jerevan Notizen ihres 10-tägigen Aufenthalts von Anna-Lena Wenzel
Glitches GLITCHES ist die Bezeichnung für eine Re

So klingt

So lebt

man an der spanischen Touristikküste Architektur- und Reiseeindrücke von 2023/24 von Benjamin Renter, der an der spanischen Mittelmeerküste den Einfall der Investitionsarchitektur festgehalten hat.
es sich 20 Tage im Grenzturm Im Herbst 2019 hatten Kirstin Burckhardt
man im Olympiapark 1953 begonnen Timofej Wassiljewitsch Pro